29.01.2001
Informationsstelle Militarisierung (IMI)*:
"Als erstes die Standorte der "Krisenreaktionskräfte"
bzw. "Einsatzkräfte" schließen!
Den Kontext der Standort-Schließungen berücksichtigen!
Nach Lektüre des uns seit dem Morgen vorliegenden 63-Seiten Papieres
"Die Bundeswehr der Zukunft - Feinausplanung und Stationierung" - Entwurf
eines Ressortkonzeptes" gibt Tobias Pflüger, geschäftsführendes
Vorstandsmitglied der Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. * folgende
Erklärung ab:
1. Die heute vorgestellten Schließungen von Bundeswehr-Standorten
führen konsequent den Weg weiter, die Bundeswehr "kriegsführungsfähiger"
zu machen. So heißt es z.B. in der Feinausplanung: "Wesentliche Leitgedanken
dieser Umstrukturierung sind die Bündelung von Aufgaben ... und die
Konzentration der Streitkräfte auf den Einsatz". Und weiter: "Die
Bundeswehr wird kleiner, im Hinblick auf die gewandelten Anforderungen
jedoch moderner und leistungsfähiger." Das ist das, was die Informationsstelle
Militarisierung seit langem als qualitative Aufrüstung bezeichnet.
2. Eine kontextlose Debatte über Standortschließungen, wie
sie insbesondere CDU und CSU, aber auch in anderer Form von Seiten des
Bundeswehrverbandes geführt wird, ist unpolitisch.
Pflüger: "Die Aufgabe der Bundeswehr ist nicht, in der Fläche
Menschen wirtschaftlich zu versorgen, die jetzige Aufgabe der Bundeswehr
ist es, zukünftig weitere Kriege führen zu können oder daran
teilzunehmen". Und weiter: "Es ist falsch, nur über Standortschließungen
zu diskutieren, ohne zu fragen, warum denn Standorte geschlossen werden
sollen. Die Standorte werden geschlossen, weil sie nicht notwendig sind
für die neue Interventions-Bundeswehr."
3. Diese Entwicklung der Bundeswehr zu einer Interventionsarmee kritisieren
wir seit langem.
a. Eine Interventionsarmee Bundeswehr ist grundgesetzwidrig: "Der Bund
stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf" (Art. 87a 1), Verbot eines
Angriffskrieges (Art 26.1.) u.a.
b. Die Umwandlung der Bundeswehr zur Interventionsarmee führt
zudem wieder Krieg als Mittel deutscher Politik ein, das lehnen wir entschieden
ab.
c. Der NATO-Krieg gegen Jugoslawien war ein Grundmuster zukünftiger
Kriege (auch der Bundeswehr), so heißt es z.B. im neuen Strategischen
Konzept der NATO: "In diesem Zusammenhang erinnert das Bündnis an
seine späteren Beschlüsse in bezug auf Krisenreaktionseinsätze
auf dem Balkan“ (Ziffer 31)
4. Neu im vorliegenden "Entwurf eines Ressortkonzeptes" ist die Einführung
mehrere spezieller (Kampf)-Divisionen: "Das Heer verfügt in Zukunft
über fünf mechanisierte Divisionen, eine Division für Luftbewegliche
Operationen (DLO) sowie eine Division für Spezielle Operationen (DSO).
... Der DSO unterstehen zwei Luftlandebrigaden und das Kommando Spezialkräfte."
Dies ist eine Fortführung des Aufbaus von speziellen Bundeswehr-Kampfeinheiten
für Kriegseinsätze.
5. Zu den konkreten Auswirkungen der Effektivierung der Bundeswehr
(sprich Standortschließungen): Das Bundesland Bayern würde bei
den Standortschließungen besonders getroffen heißt es. Dazu
muß die Ausgangsbasis berücksichtigt werden, Bayern hatte bisher
nach den Zahlen von 1991 und 1995 mit Abstand den größten Bundeswehr-Umfang.
Gerechnet zur Bevölkerungszahl hat nun Niedersachsen am meisten Soldat/inn/en
pro Einwohner. In Baden-Württemberg wird der Standort Münsingen
so gut wie geschlossen (er wird von 1.000 auf 170 Soldaten reduziert).
6. Wer sich nun auf politischer Seite und bei der Bundeswehr gegen
Standortschließungen ausspricht, müßte sich für den
Erhalt der alten Bundeswehr zur Landesverteidigung einsetzen und mit uns
gegen die neue Bundeswehr als Interventionsarmee politisch kämpfen.
"Über die letzten Jahre haben wir allerdings genau das schmerzlich
vermißt, daß von Soldat/inn/en und aus dem politischen Raum
mehr Widerstand gegen die Herausbildung der neuen kriegsfähigen Interventions-Bundeswehr
gekommen wäre."
7. In der Friedensbewegung wurde zu Jahresbeginn eine Kampagne gestartet:
"Kriege verhindern - Einsatzkräfte auflösen", die immer mehr
Unterstützer/innen findet. Als erstes müßten die Standorte
der früheren Krisenreaktionskräfte und jetzigen Einsatzkräfte
geschlossen werden.
* Die Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. hat ihren Sitz in
Tübingen und ist eine Organisation im Zwischenfeld von Friedensbewegung
und kritischer Friedensforschung.
Weitere Informationen unter http://www.imi-online.de und http://www.militarisierung.de
Nachfragen unter: 07071-49154 (IMI-Büro) oder besser: 07071-793155
und 0174-7650483 (Tobias Pflüger)
|